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in Abend in Hamburg im Mai 2022: Sieben Menschen aus Transport und Logistik stehen am Herd der Kochschule „La Cocina“ und kreieren gemeinsam drei Gänge eines raffinierten Menüs – Rinder-Carpaccio mit Parmesan und Rucola, Schweinenacken mit Gnocchi sowie Stracciatellakuchen mit Eis. Es werden zahlreiche Zutaten geschnitten, gerieben, gehackt, gerührt – und dabei wird weiter diskutiert. Zuvor haben die Experten bereits den ganzen Tag zusammengesessen und über die aktuellen Herausforderungen der Branche gesprochen: Krone vernetzt sie auf der Plattform „Denkfabrik“ gezielt miteinander, um gemeinsam neue Ideen für die Zukunft von Transport und Logistik zu entwickeln. „Jede und jeder bringt Fachwissen und Erfahrung aus dem eigenen Bereich mit, und genau diese Vielfalt der Zutaten macht den Erfolg aus“, erklärt Simon Richenhagen, Marketingleiter der Krone Nutzfahrzeug Gruppe.
Die Branche immer weiter voranbringen
Die Mitglieder der Denkfabrik haben vielfältige Hintergründe, sind spezialisiert auf kombinierten Verkehr, Elektromobilität, Forschung, Medien, Digitalisierung oder Start-ups. Was sie alle verbindet, sind die Leidenschaft für die Branche und der Wunsch, diese immer weiter voranzubringen – sie sind echte Vordenker. Dabei haben sie nicht nur unterschiedliches Wissen, sondern auch individuelle Erfahrungen, Perspektiven und Meinungen im Gepäck und würzen damit den Austausch, bringen neue Ansätze hervor oder inspirieren sich gegenseitig dazu. Die Idee hinter dem Format „Denkfabrik“ als Thinktank ist vor allem, regelmäßig abseits des Tagesgeschäfts zusammenzukommen und gezielt zur offenen Diskussion anzuregen. So wie an diesem Abend in dieser Hamburger Küche sehr schmackhafte Gerichte entstehen, weil gerade diese Menschen gemeinsam am Herd stehen und vielfältige Zutaten zusammenbringen. Und genau wie man beispielsweise für Rinder-Carpaccio gutes Fleisch, Präzision beim Schneiden, aromatisches Olivenöl sowie etwas Meersalz braucht, damit sich der volle Geschmack entfaltet, ist auch die Branche auf smarte Köpfe und deren Ansätze angewiesen, um sich stetig weiterzuentwickeln.
WOLFGANG THOMA
Wolfgang Thoma ist geschäftsführender Gesellschafter der Spedition Ansorge GmbH & Co. KG und studierter Rechtsanwalt. Als Unternehmer ist Thoma Pionier im Bereich der Elektromobilität: Gemeinsam mit Partnern hat er die rein elektrische Zugmaschine „Elias“ entwickelt.
Alle Experten der Denkfabrik waren sich bei diesem Treffen einig: Transport und Logistik stehen derzeit vor besonders vielen und besonders komplexen Hürden. Von Klimaschutz, Fachkräftemangel, Pandemie, mobilem Arbeiten und kaum mehr planbaren globalen Lieferketten über steigende Rohstoffpreise und Energiekosten bis zu fehlenden Leitplanken bei alternativen Antrieben. Von einer Neuordnung der Infrastrukturen und der digitalen Transformation über neue globale Player, die eine große Marktmacht ausüben wollen, bis zur Bedrohung durch Cyberkriminalität. Und teilweise sind es auch sehr persönliche, menschliche Themen: „Die Mitarbeitenden in den Unternehmen leben teilweise in ständiger Sorge und Angst – um Gesundheit, finanzielle Sicherheit oder die globale Stabilität“, sagt Axel Plaß, geschäftsführender Hauptgesellschafter der Zippel-Gruppe. Für die Unternehmer der Branche bedeutet das: Sie müssen alle ihre Kräfte bündeln, um allen Anforderungen an sie gerecht zu werden.
„Management des Mangels“
Professor Christian Kille vom Institut für angewandte Logistik an der Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt nennt das „Management des Mangels“ als eine der wichtigsten Aufgaben derzeit. Es mangele unter anderem an Rohstoffen, Containern – und vor allem Fachkräften, nicht nur an Fahrern, sondern an Menschen in allen Abteilungen eines Transport- oder Logistikunternehmens. Um gegen den Fachkräftemangel anzugehen, empfiehlt er unter anderem mehr gezielte Kommunikation über die Branche, ihre Leistungen und Potenziale, denn: „Je mehr Menschen von Logistik erfahren und sie wirklich tiefgreifend kennenlernen und verstehen, als desto höher erleben sie ihre Relevanz. Deshalb ist es wichtig, dass vor allem junge Leute mit diesen Informationen erreicht werden – denn sie können die Fachkräfte von morgen sein.“
Kille gab noch einen weiteren Impuls in die Runde, der den Umweltschutz fördern kann: „Wenn allein die Flächen, die für Logistik zur Verfügung stehen, so umfassend wie möglich mit Fotovoltaikanlagen ausgestattet werden, hätte das sehr positive Auswirkungen. Man könnte Parkplätze zum Beispiel komplett überdachen.“ Seine These: „Logistik kann sogar klimapositiv werden! Wir können daran arbeiten, dass wir nicht nur die Versorgungssicherheit der Gesellschaft gewährleisten, sondern auch dazu beitragen, energieautark zu werden.“ Das sei ein hohes Ziel, gibt er zu. Doch er motiviert dazu, solche Ideen zu durchdenken – weil sie neue Wege und Aktionen möglich machen.
Den Kunden genau zuhören
Jeder Unternehmer hat wohl ein ganz individuelles Erfolgsrezept, um das eigene Haus durch Krisen genauso wie durch ruhigere Zeiten zu führen. „Wir hören unseren Kunden immer sehr genau zu, was sie haben wollen“, sagt beispielsweise Wolfgang Thoma, geschäftsführender Gesellschafter von Ansorge Logistik. Einer der drängendsten Wünsche von deren Seite sei seit einiger Zeit die Senkung des CO2-Ausstoßes beim Transport. Ansorge stellt den Fuhrpark kontinuierlich auf E-Mobilität um, beschäftigt sich mit Wasserstoff und E-Fuels sowie mit der Verlagerung von Verkehr auf die Schiene. „Digitalisierung ist ebenfalls hilfreich. Sie bietet uns unter anderem sehr gute Ansätze für die Lagerlogistik, die das Material für die Supply Chain stellt. Wir verfügen heute bereits über sehr leistungsfähige Systeme, die alle entsprechenden Kundenbedürfnisse erfüllen können.“
ANTHONY WANDT
Anthony Wandt ist seit 2016 geschäftsführender Gesellschafter der Wandt Spedition Transportberatung GmbH, die unter anderem Kontrakt-, Lager- und Personallogistik sowie Ladungs-, System- und Stückgutverkehr anbietet. Er übernahm das Unternehmen gemeinsam mit seiner Schwester Aline und treibt dessen digitale Transformation voran.
Für den erfahrenen Unternehmer ist vor allem Weitblick eine wichtige Erfolgsformel – heute stärker denn je: „Wenn wir die derzeitige weltpolitische Lage betrachten, ist der Mangel an Planungssicherheit eine der größten Konstanten, und er fordert uns sehr stark heraus. Nicht erst durch den Einmarsch Russlands in die Ukraine hat er schier unendliche Ausmaße angenommen. Wir wissen nicht, was morgen sein wird. Wir fahren im dichten Nebel, und noch ist die Motorkraft ausgezeichnet, aber keiner kann voraussagen, wann es vielleicht zu einer Kollision kommen wird. Trotzdem müssen wir uns als Unternehmer darauf vorbereiten und im Ernstfall schnell reagieren.“
Die Politik muss die Weichen stellen
Große politische Verwerfungen seien jedoch nicht mit einzelnen unternehmerischen Entscheidungen aufzufangen. „Wir können in der Logistik zum Beispiel kurzfristig Bestandserhöhungen abwickeln“, so Thoma. „Aber alles Weitere kann nur die Regierung beeinflussen. Sie muss die Bedingungen schaffen, unter denen wir alle gut arbeiten und unsere Aufgaben für die Wirtschaft und die Gesellschaft erfüllen können.“ Eine weitere wichtige Zutat für langfristigen Erfolg ist laut Thoma Innovationskraft: „Wir haben bei Ansorge als Mittelständler Mitte der 1990er-Jahre die ersten vollautomatischen Hochregallager gebaut. Damit haben wir schon damals die Automatisierung eingeleitet.“ Innovation erfordere immer auch Veränderungsbereitschaft: „Wer im Transportwesen immer nur von A nach B fahren wollte, hat heute mit Sicherheit ein Problem.“
Neben der Arbeit am Herd blieb genug Zeit für weiterführende Gespräche und humorvolle Momente.
Krone steht seit jeher für Beständigkeit und gleichzeitig Innovationskraft. Die Marke unterstützt ihre Kunden darin, Transporte so effizient, sicher und wirtschaftlich wie möglich durchzuführen. „Unser Erfolgsrezept ist kompromisslose Qualität, gepaart mit großer Offenheit für neue Entwicklungen“, so Simon Richenhagen. Das Unternehmen war in seiner jahrzehntelangen Geschichte schon immer eng an der Seite seiner Kunden und erarbeitet Produkte und Dienstleistungen, die praxisnah, robust und gleichzeitig kosteneffizient sind. „Wir sind ein starker Partner – und vernetzen uns mit anderen Akteuren, die in ihren Themenbereichen Spitzenleistungen zeigen, um für unsere Kunden die besten Lösungen anbieten zu können.“ So sei auch die Denkfabrik ein Beispiel dafür, wie Krone sich mit Experten vernetzt, mit ihnen austauscht und auch für sie öffnet.
Die Effizienz der Transporte erhöhen
Viele weitere Ansätze unterstreichen diese Ideologie: Das Unternehmen kooperiert beispielsweise mit Start-ups und hat zum Beispiel mit Trailer Dynamics einen elektrisch angetriebenen Megatrailer entwickelt (siehe Artikel „Der Antrieb wandert in den Trailer“). Mit Liebherr hat Krone die Marke Celsineo an den Start gebracht: ein modulares Kühlaggregat für Trailer, das bereits erfolgreich auf dem Markt eingeführt wurde und die Branche revolutioniert. Die Zusammenarbeit mit Liebherr wird derzeit weiter vorangetrieben, indem das System mit einer elektrisch angetriebenen Achse verbunden wird (siehe Artikel „Auf dem Weg zum elektrischen Kühltrailer“). Weiterhin entwickelt das Fahrzeugwerk Krone im eigenen Haus ein innovatives Chassis (siehe Artikel „Alles, was Technologie leisten kann, müssen wir nutzen“) Der vollautomatische multifunktionale Box Liner TU 50 Traction Automatic spart beim Aufnehmen von Containern viel Zeit und kann damit die Staus in den Häfen zumindest etwas abkürzen. „Wo immer möglich, nutzen wir Digitalisierung und Automatisierung, um die Fahrer zu entlasten und die Effizienz der Transporte zu erhöhen“, bekräftigt Richenhagen.
Auch Anthony Wandt, geschäftsführender Gesellschafter der Wandt Spedition Transportberatung GmbH und Mitglied der Denkfabrik von Krone, setzt auf Vernetzung, um den Erfolg seines Unternehmens weiter auszubauen: „Der Transport der Zukunft wird sicher noch stärker von Kooperation geprägt sein als heute. Verkehrsträger werden zunehmend vernetzt, genau wie Informationen.“ Gleichzeitig solle nicht nur die ökologische Nachhaltigkeit wachsen, sondern auch die soziale und ökonomische. Wandt hält es für so gut wie sicher, dass die Supply Chain nicht nur kurzfristig gestört ist – er erwartet nachhaltige Unruhen. Umso wichtiger sei es, dass Unternehmer mit der richtigen Haltung weitergehen: „Die Aufgaben, vor denen wir stehen, sind so vielfältig und groß, dass es vor allem wichtig ist, einen kühlen Kopf zu bewahren und besonnen zu entscheiden, in welche Themen man einsteigt und wie man sie miteinander in Einklang bringt.“
Traditionelle Werte bewahren
Dabei helfen ihm persönlich seit Langem die Werte des hanseatischen Kaufmanns, die er in seiner Position auch weiterhin bewahren und mit Leben füllen will: „Auch wenn wir in Braunschweig nicht ganz hoch im Norden beheimatet sind, sind diese bewährten Leitmotive wohl zu uns herübergeschwappt“, erklärt er. „Auch wir setzen auf Ehrlichkeit, Transparenz und Integrität. Wir sind traditionell geprägt, das pflegen wir und bringen es mit einer großen Offenheit für neue Technologien zur Verarbeitung von Daten zusammen. Denn heute ist eben nicht mehr nur der reine Transport relevant, sondern auch die Erfassung der zugehörigen Informationen.“ Die Bodenständigkeit des klassischen Unternehmertums empfindet Wandt als absolut zeitgemäß: „Vertrauen ist eine solide Basis, die nicht aussterben sollte. Wir schätzen es, langfristig und auf Augenhöhe mit Partnern zusammenzuarbeiten, und machen gern auf diese Weise Geschäfte.“
SIMON RICHENHAGEN
Simon Richenhagen verantwortet seit 2021 das Marketing der Krone Nutzfahrzeug Gruppe. Während seines Masterstudiums in Business Administration arbeitete der gelernte Automobilkaufmann bei einer Agentur für Werbevermarktung im Vertrieb und Business Development, 2016 kam er als Marketingmanager zu Krone. 2018 wechselte er ins Brand Management des Unternehmens und widmete sich der Markenpositionierung im digitalen Umfeld.
Die Wandt Spedition hat sich unter anderem für die Zusammenarbeit mit Start-ups geöffnet, um zukunftsfähig zu bleiben. Mit unterschiedlichen Erfahrungen: „Da lief vieles gut, aber wir haben auch festgestellt, dass das schnelle Wachstum, das diese jungen Unternehmen anstreben, nur schwer nachhaltigen unternehmerischen Erfolg sichern kann. Denn der braucht Zeit. Und es sollten nicht nur einseitig Informationen abgefordert werden, um möglichst schnell ein neues Produkt zu generieren.“ Wandts Fazit: Er packt im Moment lieber selbst an. Mit Oncap (siehe Artikel „Die Neudenker“) baut die Spedition ein eigenes Start-up auf. Es bietet eine Software an, mit der die Logistik ihre Schnittstellen und Gefahrenübergänge zu Carriern visuell und prozessual dokumentieren kann.
Transporte vermeiden statt verlagern
In ihrer Unternehmenskultur setzt die Wandt Spedition auf eine kooperative Atmosphäre, in der die Türen für alle Beschäftigten immer offen stehen. „Gerade angesichts des wachsenden Drucks, der sowohl auf Unternehmen als auch auf jedem einzelnen Menschen lastet, pflegen wir umso stärker einen familiären Umgang mit unseren Mitarbeitenden. Wir sind uns bewusst, dass es ihre Lebenszeit ist, die sie in ihren Beruf investieren. Wir fühlen uns für sie verantwortlich und unterstützen sie in ihren individuellen Bedürfnissen und Wünschen.“ Die Bedeutung, die die Branche und damit auch die Arbeit aller Akteure in Transport und Logistik hat, verdeutlichen sein Team und er immer wieder allen im Unternehmen: „Wir versuchen, jedem Mitarbeiter zu sagen, wie wichtig die Aufgaben sind, die er erledigt.“
Beim Kochen sind gute Zutaten gefragt – und geschickte Hände, die sie verarbeiten. Die Mitglieder des Thinktanks Denkfabrik waren auch am Herd ein perfektes Team.
Für die Logistik der Zukunft hält Wandt es für unerlässlich, dass weniger über die Verlagerung von Transporten nachgedacht wird als darüber, wie sich Transporte vermeiden lassen: „Durch weniger Konsum, durch die Bündelung von Verkehren oder die Entspannung von Zeitfenstern – es gibt viele Möglichkeiten.“ Manchmal schmeckt ein Gericht eben noch besser, wenn man es nicht überlädt, sondern ganz bewusst zwei, drei Zutaten weglässt.
Fotos: Stefan Bungert, Krone