Pioniere

„Alles, was Technologie leisten kann, müssen wir nutzen“

Die Situation in den Häfen spitzt sich immer mehr zu: Unternehmer wie Axel Plaß, Geschäftsführer der Zippel Group, berichten von nie dagewesenen Engpässen. Krone stellt mit dem Box Liner TU 50 Traction Automatic eine technische Lösung vor, die zur Entspannung beitragen kann.

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eit Monaten wird von Warteschlangen vor internationalen Häfen berichtet: Containerschiffe stauen sich über Kilometer, Ware steckt fest, die organisatorischen Abläufe kommen immer wieder ins Stocken. Für Spediteure wie Axel Plaß, Geschäftsführer der auf kombinierten Verkehr spezialisierten Zippel Group in Hamburg, bedeutet das ständiges Neuplanen, Umplanen und Umdenken. Die Lage an den Häfen sei schlimmer denn je, erklärt der Unternehmer: „Ich bin 32 Jahre in dem Geschäft unterwegs, und so außer Rand und Band war die Situation noch nie. Wir stehen wirklich vor gewaltigen Problemen.“ Er geht davon aus, dass der Druck auf den Lieferketten in den nächsten ein bis zwei Jahren auch kaum nachlassen wird. „Dahinter stecken dauerhafte strukturelle Probleme, die wir mit uns herumtragen. Wir müssen uns darauf einstellen, dass sie nicht kurzfristig gelöst werden können.“


Vollautomatisches Chassis

Technologische Lösungen können dennoch ein Ansatz sein. Krone stellt mit dem Box Liner PE TU50 auf der IAA ein neues, multifunktionales Chassis vor, das sich vollautomatisch auf die unterschiedlichen Containergrößen einstellen lässt. Die Fahrer können es per Knopfdruck bedienen und müssen nicht mal aus der Zugmaschine aussteigen. Axel Plaß nahm das Pilotmodell am Hamburger Hafen in Augenschein. Ihm ist es wichtig, Innovationen in der Branche zu kennen und sie auf ihre Praxistauglichkeit zu prüfen. Und er sieht das Chassis nicht nur als Möglichkeit, beim Verladen am Hafen Zeit zu sparen, sondern vor allem auch als einen Schritt auf dem Weg, den Fahrerberuf attraktiver zu machen. „Wir sind nicht nur im kaufmännischen Bereich, sondern gerade auch bei den Fahrern darauf angewiesen, dass wir Leute finden, die ihren Job noch gerne machen“, so der Spediteur.
             
Axel Plaß
Axel Plaß

Insbesondere bei Transporten zu den Häfen hätten die Fahrer viel zu tun. „Wenn man aussteigen muss, um den Container per Hand zu verriegeln und das Chassis manuell klein- und großzuziehen, sich dafür Handschuhe überziehen und vielleicht noch zum Hammer greifen muss, dann sind das wieder einige Arbeitsschritte mehr. Als Fahrer überlegst du dir heute dreimal, ob du das machst – oder ob du lieber Wechselbrücken für die KEP-Dienstleister fährst. Wir müssen diese Menschen so weit wie möglich entlasten von allem, was rundherum geschieht.“
                    

„Ich bin 32 Jahre in dem Geschäft unterwegs, und so außer Rand und Band war die Situation noch nie.“

                   
Axel Plaß

                        


Manueller Umbau braucht Zeit und Fläche

Auch im Terminal kostet das manuelle Umbauen eines Chassis nicht nur Zeit, das Fahrzeug benötigt auch einen Parkplatz dafür. „Das ist eine organisatorische Herausforderung: Die Terminals brauchen extra Fahrspuren, damit diese Umstellung vor Ort erledigt werden kann“, so Plaß. „Es wäre um vieles einfacher, wenn in Zukunft mit einem automatischen Chassis ein sehr kurzer Halt ausreichen würde.“ Der hohe Druck, der auf den Häfen lastet, äußere sich auch in immer enger getakteten Fahrzeiten, erklärt der Fachmann: „Jede Minute, die ich da sparen kann, hilft. Wir müssen ja dann im Fernverkehr noch den einen oder anderen Kilometer hinter uns bringen. Insofern sind Erleichterungen wichtig, um vielleicht am Ende des Tages zehn Kilometer weiter fahren zu können. Es sind viele Kleinigkeiten, die in der Summe helfen.“
               
Das vollautomatische Chassis macht die Beladung mit Containern sicherer, effizienter und deutlich leichter für die Fahrer.
Das vollautomatische Chassis macht die Beladung mit Containern sicherer, effizienter und deutlich leichter für die Fahrer.

Für Plaß sind deshalb Automatisierung und Digitalisierung Pflicht: „Alles, was Technologie leisten kann, müssen wir nutzen.“ Denn personell werde man die Herausforderungen nicht auffangen können. „Die Leute, die jetzt in den Jobs arbeiten, müssen wir ja auch halten. Für sie muss der Beruf des Kraftfahrers attraktiv bleiben, sonst kehren sie der Branche den Rücken. Uns bleibt gar keine andere Wahl, als Automatisierung und Digitalisierung voranzutreiben, damit das Personal zu entlasten und die aus den Fugen geratenen Logistikketten wieder einigermaßen beherrschbar zu machen.“


Schiffe kommen später – oder gar nicht

Aus seiner täglichen Praxis berichtet Plaß: „Es kann gut passieren, dass wir mit einem Lkw nach Hamburg fahren, und dann wird klar, dass das Schiff, für das wir anliefern wollen, gar nicht wie angekündigt im Hafen ankommt. Vielleicht kommt es in einer Woche, in 14 Tagen oder gar nicht – alles ist möglich.“ Angelieferte Container warten auf ihre Verladung und brauchen Stauraum. Plaß ist es auch passiert, dass die Schienenzufahrt Westhafen in Berlin gesperrt war, als ab Juli Bodenschwellen kontrolliert wurden: 1.000 Zippel-Container standen dort. Nicht nur der organisatorische Aufwand, diese mit Lkws abzuholen, war hoch, es gab noch einen entscheidenden Haken: Mit der Bahn darf man Container fünf bis sieben Tage vor der Abfahrt eines Schiffes anliefern, mit einem Lkw nur 24 oder sogar nur zwölf Stunden.
            
Axel Plaß testete die Funktionalität des Box Liner TU 50 Traction Automatic am Hamburger Hafen bereits. Bisher gibt es erst ein Modell davon, die Serienproduktion könnte bald starten.
Axel Plaß testete die Funktionalität des Box Liner TU 50 Traction Automatic am Hamburger Hafen bereits. Bisher gibt es erst ein Modell davon, die Serienproduktion könnte bald starten.

„Wir sind momentan in diesen Transportketten nicht in der Lage, Daten so zu liefern, dass man damit planen kann“, erklärt Axel Plaß. „Ich kann auf meinem Handy alle Schiffe tracken, aber wir bekommen die entsprechenden Daten bisher nicht so in der Transportkette bereitgestellt, dass wir sie sinnvoll nutzen können. Wir stehen da noch mit einem Fuß im Mittelalter, während wir gleichzeitig in der Zukunft denken. Jede Möglichkeit, diese Transporte günstiger zu gestalten oder sie zu vermeiden, ist wertvoll.“ Er sieht in den vielfältigen Problemen eine ernsthafte Bedrohung für die deutsche Wirtschaft: „Wir laufen derzeit mit Anlauf gegen die Wand. Und ich denke, es wird nicht so sein, dass die Wirtschaft sich hier – wie nach den Lockdowns im Zuge der Pandemie – einmal schütteln kann und es geht weiter, sondern wir werden länger liegen bleiben. Deutschland und ganz Europa werden so als Produktions- und Wirtschaftsstandort immer unattraktiver.“ Es passiere mittlerweile schon, dass Kunden beispielsweise nach Griechenland wechseln – dort koste der Umlauf einige Hundert Euro mehr, aber man könne sicher sein, dass alles glatt läuft.
               

PROFIL


Zippel Group Die Hamburger Spedition betreibt ein Transport- und Logistiknetzwerk mit eigenem Fuhrpark, setzt neben dem Lkw auch die Bahn sowie Lastschiffe als Transportmittel ein und führt Seecontainer-, Stückgut-, Teil- und Komplettladungstransporte durch. Kerngeschäft ist die Abwicklung von Transporten von Hamburg und Bremerhaven in das deutsche Hinterland sowie die angrenzenden europäischen Länder und zurück.
       


Viele Probleme durch fehlende Automatisierung

Technische Lösungen wie das automatische Chassis von Krone können einen Weg weisen. „Ich sitze ja immer noch in einem Unternehmen, das 200 Menschen beschäftigt, das kann und will ich nicht morgen zuschließen“, so Plaß. „Wir müssen uns den Herausforderungen stellen. Umso wichtiger ist die Unterstützung durch technologische Mittel. Ein Großteil der aktuellen Probleme ist durch fehlende Automatisierung und Digitalisierung entstanden. Wenn irgendwo jemand sitzt, Faxe auswertet und E-Mails tippt, passieren Fehler. Das muss sich ändern.“ Er wünscht sich mehr Transparenz von den Häfen und dass diese mit allen Beteiligten in den Dialog treten. Häfen richten sich laut Plaß derzeit noch zu sehr auf die Wasserseite aus, denn dort sind ihre Kunden, die Umschlag und Lager bezahlen. Sie seien auch zu Recht die ersten Ansprechpartner der Terminals. „Andererseits kann das alles nur reibungslos laufen, wenn auf der Landseite auch Ab- und Zufluss der Container gut organisiert sind. Lösungen wie das Krone-Chassis können dazu einen großen Beitrag leisten.“
          
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Fotos: Marco Grundt

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