Pioniere

Immer offen für Neues

Das in Bietigheim bei Karlsruhe beheimatete Logistikunternehmen Walter Schmitt GmbH war und ist gegenüber neuen Entwicklungen stets aufgeschlossen. So schuf der frühzeitige Einstieg in die Kontraktlogistik die Basis für den heutigen Unternehmenserfolg. Auch beim Einstieg in die Elektromobilität ist Schmitt Pionier.

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eit bald zwei Jahren gehört ein E-Actros von Mercedes-Benz zum Fuhrpark. Rainer Schmitt, seit 2012 Geschäftsführer des 1948 von seinem Großvater Walter Schmitt gegründeten Unternehmens, ist mit dem elektrischen 25-Tonner sehr zufrieden: „Super vom reinen Fahrerlebnis, gleichmäßige Beschleunigung und vor allem: kein Lärm mehr!“ Das Lauteste am E-Actros sei der Blinker, hätte es einer seiner Fahrer auf den Punkt gebracht. Inzwischen hat der Batterie-Lkw bereits 60.000 Kilometer ohne nennenswerte Beanstandungen zurückgelegt und fährt ganz normal in der Dieselflotte mit.
           
„Die Zukunft ist elektrisch. Das steht fest.“

                 
Rainer Schmitt

                                    

Schmitt fährt vor allem regionale Shuttledienste für Kontraktkunden aus der Automobilindustrie – allen voran Daimler und Porsche, aber auch für diverse Zulieferer. Für sie wurde eine ausgefeilte Lager- und Transportlogistik mit großen Lagerkapazitäten für Automobilteile aufgebaut. Das Tagespensum des E-Actros liegt bei 250 bis 300 Kilometern, unterteilt in zwölf Touren vom Schmitt-Lager in Ötigheim zu den Automobilwerken in Rastatt und Gaggenau, denen Getriebe- und Achskomponenten just in time an die Fertigungsbänder geliefert werden. Für dieses Pensum genügt dreimal 30 bis 40 Minuten Zwischenladen pro Tag an der betriebseigenen 80-Kilowatt-Ladesäule, während parallel die Ware verladen wird.


ERFOLGSMODELL KONTRAKTLOGISTIK

Logistikaufträge für den Automobilbereich machen heute rund 80 Prozent des Schmitt’schen Geschäfts aus, über 50 der 80 Lkws sind hierfür im Einsatz. Zu Zeiten seines Großvaters und teilweise auch noch des Vaters war Schmitt hingegen noch ein klassischer Transportbetrieb und fuhr unter anderem für die im nahen Murgtal und in der Rheinebene ansässige Papierindustrie. Mit der schrumpfenden Papierbranche läuft inzwischen weniger als früher – als umso glücklicher hat sich im Rückblick der Einstieg in die Lagerlogistik erwiesen. Als 2003 ein Lagerbetreiber in der Nachbarschaft in Insolvenz ging und ein Stillstand der Produktion bei Daimler drohte, übernahm Schmitt kurz entschlossen den Auftrag. Dies war der Beginn der bis heute bestehenden Geschäftsbeziehung.
                 
Rainer Schmitt
Rainer Schmitt
                                      
Seither kamen sukzessive weitere Lagerstandorte, teils angemietet und teils neu gebaut, hinzu. Heute bewirtschaftet das Unternehmen 77.000 Quadratmeter Hallenfläche an sechs Standorten. Seinen Kontraktkunden bietet Schmitt einen Komplettservice an – von der Lagerung über die Kommissionierung und Verpackung bis hin zum Transport auf Abruf. Auch die Konzeption von produktspezifischen Transportlösungen gehört dazu: Für Porsche entwickelte man ein Befestigungssystem zum sichereren Transport von Traktionsbatterien für das E-Modell Taycan. „Eigentlich kein großer Auftrag, aber dadurch sind wir in der Branche jetzt bekannt wie ein bunter Hund“, lacht Rainer Schmitt. Kreativität war auch bei einem weiteren Auftrag, ebenfalls für Porsche, gefragt. Zu transportieren waren diesmal voluminöse Innenraumverkleidungen. Schmitt schaffte eigens für diesen Auftrag sechs überlange Eurotrailer von Krone an. „Damit müssen wir nur sechs- statt siebenmal pro Tag fahren und sparen zehn Prozent CO2 ein – das hat den Kunden überzeugt.“ Denn auf Nachhaltigkeit in der Lieferkette legten Kunden zunehmend Wert.


IT-KOMPETENZ ENTSCHEIDEND

Die Kontraktlogistik erschöpft sich allerdings nicht in einer ausgefeilten Tourenplanung und pfiffigen Lager- und Transportlösungen. Das Rückgrat dieses Geschäftsmodells ist vielmehr ein leistungsfähiger, reibungsloser Datenaustausch mit den Kunden. „Inzwischen investieren wir mehr in Hard- und Software als in neue Lkws und Trailer“, erklärt Rainer Schmitt. Da trifft es sich gut, dass der zweite – familienfremde – Geschäftsführer, Volker Klemm, vom Hintergrund her Wirtschaftsinformatiker ist. Von der Familie ist ansonsten noch Bruder Christian als Prokurist im Betrieb. Er kümmert sich vor allem um die Technik – vom Lkw bis zu den Lagerhallen. Auch der inzwischen 73-jährige Vater Max schaut noch hin und wieder vorbei; seine Rolle sei jedoch „eher beratend als verhindernd“, merkt Rainer Schmitt augenzwinkernd an. „Mein Vater ist kein Patriarch, er hat mich frühzeitig machen lassen – dafür bin ich ihm sehr dankbar.“
                 

PROFIL


Über die Walter Schmitt GmbH
Die 1948 von Walter Schmitt gegründete Spedition ist heute ein Full-Service-Logistikdienstleister mit rund 300 Mitarbeitern und sechs Niederlassungen entlang der Rheinschiene von Mannheim über Karlsruhe bis Rastatt. Hauptsitz des Unternehmens ist Bietigheim. Der heute in dritter Generation von Rainer Schmitt geführte Familienbetrieb ist auf Kontraktlogistik im Automobilbereich spezialisiert.
         

Dankbar ist er ihm auch für die richtige Weichenstellung vor knapp zwei Jahrzehnten: „Die Kontraktlogistik hat uns gerettet“, ist sich Rainer Schmitt sicher. Denn ein reiner Fuhrbetrieb mit einigen Lkws würde sich für einen Mittelständler wegen des harten Wettbewerbs heute kaum mehr lohnen. „Das können nur die ganz Großen, die anderen müssen sich spezialisieren“, so sein Credo. „Unsere Kernkompetenz ist heute die letzte Meile – binnen drei Stunden liefern wir direkt ans Band.“ Schmitt ist stolz auf seine treuen Kunden aus dem Automobilsektor; in der Coronakrise zeigte sich aber auch die Problematik dieser Fokussierung. Im März 2020 standen die Bänder plötzlich still, und auch Schmitt musste den Betrieb – zum ersten Mal seit der Unternehmensgründung – für drei Wochen schließen. Erst ab dem letzten Quartal 2020 lief das Geschäft wieder einigermaßen normal. Leider nur bis zu diesem Frühjahr, denn plötzlich wurden die Halbleiter weltweit knapp, und die Automobilproduktion geriet erneut ins Stocken.


BREITE AUFSTELLUNG GIBT SICHERHEIT

Die Fragilität der globalen Lieferketten bleibt also auch unabhängig von Corona eine Herausforderung. Zudem steht die Automobilindustrie vor der vielleicht größten Zeitenwende seit 100 Jahren. „Die Motoren und Getriebe, die heute einen wesentlichen Teil unserer Ladungen ausmachen, gibt es vielleicht bald schon nicht mehr“, sieht Rainer Schmitt voraus. Natürlich könne man dann Komponenten für Elektrofahrzeuge transportieren, aber er will auf Nummer sicher gehen und in den kommenden zwei Jahren weitere Branchen im Bereich Kontraktlogistik gewinnen. „Unser Schwerpunkt ist und bleibt die Automobilindustrie, aber wir wollen andere Industriezweige wieder stärker gewichten.“
             
Den Blick nach vorn gerichtet: Die Brüder Christian und Rainer Schmitt sehen zuversichtlich in die Zukunft.
Den Blick nach vorn gerichtet: Die Brüder Christian und Rainer Schmitt sehen zuversichtlich in die Zukunft.
                  
Auch bei der Elektromobilität will das Bietigheimer Logistikunternehmen weiter vorn dabei sein. Dazu gehört die Teilnahme an einem Piloteinsatz elektrischer Lkws im benachbarten Murgtal, bei dem Oberleitungs-Lkws getestet und mit Batterie- und Brennstoffzellenmodellen verglichen werden. Rainer Schmitt sieht das Oberleitungskonzept eher skeptisch und wird mit dem E-Actros die Batteriefraktion vertreten: „Unsere Shuttles müssen flexibel sein und, falls nötig, auch Umleitungen fahren – mit einer ortsfesten Infrastruktur geht das nicht.“ Er kann sich vorstellen, mittelfristig die Hälfte seines Fuhrparks auf Batteriefahrzeuge umzustellen. „Es fallen kaum noch Werkstattzeiten an, und der Bremsenverschleiß geht wegen der Rekuperation um 70 Prozent zurück.“ Er wartet nur noch auf den richtigen Zeitpunkt: Die Technik entwickele sich rasch; so habe die ab Herbst produzierte Serienversion des E-Actros bereits die doppelte Reichweite seines aktuellen Erprobungsfahrzeugs. Teuer seien die E-Lkws auch noch. Ein Zurück zum Diesel gibt es für Rainer Schmitt trotzdem nicht: „Die Zukunft ist elektrisch. Das steht fest.“
                                        
Fotos: Paul Gärtner

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