M
anchmal braucht es einen Impuls von außen, um sich weiterzuentwickeln – und den kann man zum Beispiel bekommen, wenn man sich abseits vom Tagesgeschäft mit klugen Köpfen aus Transport und Logistik austauscht. Krone ermöglicht solche Foren mit seiner Denkfabrik: Das Format holt regelmäßig Unternehmer und Experten an einen Tisch, um über Blickwinkel, Ideen und Möglichkeiten zu sprechen. Im Frühjahr waren Wolfgang Thoma, geschäftsführender Gesellschafter von Ansorge Logistik, Axel Plaß, Geschäftsführer der Hamburger Zippel Group, Berit Börke, Vertriebsvorstand der TX Logistik, Anthony Wandt, Geschäftsführer der Wandt Spedition Transportberatung, und Christian Kille, Professor für Handelslogistik an der Hochschule Würzburg-Schweinfurt, nach Spelle eingeladen. Wir haben uns mit ihnen intensiv ausgetauscht und stellen ihre Sichtweisen auf aktuelle Themen der Branche in dieser Ausgabe des trailerforums vor – vom Fahrermangel über den Umgang mit schwierigen Zeiten bis zum kombiniertem Verkehr.»DIE LOGISTIKWIRTSCHAFT IST SEHR ROBUST«
Professor Christian Kille prognostiziert mit den Logistikweisen regelmäßig, wie sich die Branche weiterentwickelt. Insbesondere in Zeiten der Krise zeigen sich der Wert und die Stärken des deutschen Mittelstands.
N
och im Februar 2020, zur Übergabe des aktuellen Jahresberichts der Logistikweisen, hielt der Expertenkreis um Professor Christian Kille an einer Prognose in Höhe von nominal 2,2 Prozent Wachstum und real 0,4 Prozent fest – ungeachtet der sich vage abzeichnenden Entwicklungen in diesem Jahr. Diese Prognose haben sie mit ihrem offenen Brief im April deutlich nach unten korrigiert. „Der Wirtschaftsbereich Logistik wird aus unserer Sicht weitaus stärker in Mitleidenschaft gezogen, als es der Sachverständigenrat mit einem Minus von 2,8 bis 5,4 Prozent für die gesamte Wirtschaft prognostiziert“, sagt Christian Kille. „Gleichzeitig zeigt die Erfahrung, dass die Logistikwirtschaft doch sehr robust ist und aus einem tiefen Tal nicht nur herauskommen wird, sondern auch die gesamte Wirtschaft bei der Erholung maßgeblich unterstützen kann.“ Er rät deshalb dazu, Vertrauen zu haben statt sich in zu großer Angst zu verlieren. Kurz vor Redaktionsschluss hatten die Logistikweisen noch das Virus SARS-CoV-2 in ihren Bericht aufgenommen: „Gerade das ist eins der Beispiele für punktuelle Themen, die eine besondere – und in dem Fall verheerende – Eigendynamik entwickeln können, mit der niemand gerechnet hat.“
EFFEKTE BRAUCHEN ZEIT
Viele der Prognosen würden wieder darauf hinweisen, dass die Coronakrise ein Tal bedeute, das durchschritten werden müsse, um auf den Entwicklungspfad zurückzukehren. Die Frage sei gegenwärtig, wie breit das Tal sein werde. Deshalb sollten während des zu erwartenden Aufstiegs prägende langfristige Entwicklungen nicht außer Acht gelassen werden, deren Auswirkungen erst in den kommenden Jahren Stück für Stück zu spüren sein würden: Digitalisierung, Werteund Strukturwandel. Und über diesen drei großen Entwicklungen stehe ein großes Dach: Nachhaltigkeit. Gerade in schwierigen Zeiten dürfe die „lange Linie“ nicht in Vergessenheit geraten, so Kille: „Diese Themen betreffen und durchziehen alle Bereiche der Logistik.“ Für Unternehmer sei nur eins wichtig: „Sie müssen aktiv werden und all diese Entwicklungen mitgehen.“ Schließlich könne es mehrere Jahre dauern, bis man beispielsweise digitale Tools und Technologien in den realen Betrieb implementiert habe und Effekte sehen könne. Auch bei neuen Geschäftsmodellen und Dienstleistungen veränderten sich die Prozesse und Angebote, und der Markt müsse sich erst an diese Veränderungen gewöhnen. „Die Unternehmen müssen erst eine gewisse Basis entwickeln, damit sie ausreichend Effekte in den Markt bringen.“
ZUR PERSON
Christian Kille, Jahrgang 1972, ist seit 2011 Professor für Handelslogistik und Operations Management an der Hochschule Würzburg-Schweinfurt. 2014 war er Mitbegründer der Initiative „Prognose für die Entwicklung der Logistik in Deutschland“ und ist Mitglied in der Jury der „Logistik Hall of Fame“.
KONSERVATIVISMUS ALS VORTEIL
Kille verweist darauf, dass Veränderung kontinuierlich passiert: „Es hat sie schon immer gegeben. Jede Generation lebt und handelt anders – und ist deshalb nicht weniger glücklich als vorherige. Zudem liegen in den meisten Entwicklungen auch viele Chancen.“ Christian Kille erinnert an die Stärken: „Wir sind ein Ingenieursland, und wir sind Menschen, die innovationsträchtig sind. Wir sind etwas konservativer, aber das kann auch ein immenser Vorteil sein.“ Dazu dürfe man die Entwicklungen nicht verschlafen, sondern sollte für anstehende Anpassungen und Veränderungen sowie neue Technologien und Arbeitsweisen gegenüber offen sein. „Wir sind ein Wohlstandsland und wollen oftmals wenig verändern, weil uns der Wohlstand bequem gemacht hat“, so Kille. „Aber wenn wir wirklich hungrig nach Veränderung werden, kann unsere eher konservative oder vorsichtige Art ein Vorteil sein. Hier kann der Mittelstand seine Stärken voll ausspielen – gerade große Unternehmerfamilien in der Logistik sind hier Vorreiter, weil sie oftmals mutig in neue Themen investieren.“
»WIR BRAUCHEN ALLE VERKEHRSTRÄGER«
Die TX Logistik AG bietet ihren Kunden als Spezialist für kombinierten Verkehr einen klimafreundlichen Transportweg. Berit Börke, Vertriebsvorstand des Unternehmens, erläutert die Potenziale der Schiene.
D
er Modal Shift, die stärkere Verlagerung von Straßentransporten auf die Schiene, ist dringend fällig“, sagt Berit Börke, Vertriebsvorstand der TX Logistik AG. „Das Marktumfeld, das Potenzial der Schiene und auch die Herausforderung durch die Klimaziele sprechen eindeutig dafür.“ TX Logistik, 1999 in Bad Honnef gegründet, ist eines der größten Transportunternehmen für Schienengüterverkehr in Europa. Es versteht sich als Spezialist für grenzenlose Transportnetze. Innerhalb dieser Netzwerke ist TX Logistik sehr aktiv im kombinierten Verkehr – sowohl mit kontinentalen Verkehren als auch mit Seehafen-Hinterlandtransporten. Die Nachfrage der Kunden sei groß, berichtet Berit Börke: „Wir sehen zwar Vorbehalte gegenüber dem System Bahn aufgrund der höheren Komplexität im Vergleich zur Organisation von Straßentransporten. Jedoch profitieren Spediteure, Industrie und Handel von den Vorteilen stabiler, sicherer und ressourcenschonender Verkehre. Das zeigt sich in vielen langfristigen Kundenbeziehungen.“ Die während der Coronapandemie unter Beweis gestellte hohe Leistungsfähigkeit habe zu einer verstärkten Aufmerksamkeit und Offenheit beigetragen. Der europäische Green Deal stehe dafür, die CO2-Belastung im Güterverkehr weiter zu reduzieren. „Auch vor diesem Hintergrund kommen mehr Unternehmen auf uns zu und wollen gemeinsam Lösungen finden, wie man ihre Verkehre auf die Schiene bringen kann.“
ROBUSTHEIT DES NETZES STÄRKEN
Die Chancen für einen stärkeren Wechsel auf die Schiene seien da, die Notwendigkeit auch – doch es müssten dafür weitere Voraussetzungen geschaffen werden, so Börke. „Einschränkend wirkt sich teilweise die Infrastruktur aus, zum Beispiel in puncto Streckennetz oder Terminalkapazitäten. Die Infrastrukturbetreiber in Europa stimmen sich untereinander noch nicht ausreichend ab.“ Auch die unsichere wirtschaftliche Weiterentwicklung zeige Wirkung: „Wir beobachten, dass sich die Warenströme sehr viel schneller ändern beziehungsweise derzeit instabiler sind, und wir brauchen hohe Bündelungskapazitäten im Eisenbahnverkehr.“ Auf diese Herausforderungen müsste mit passenden Rahmenbedingungen und einer sicheren, langfristig ausgerichteten Finanzierung reagiert werden. „Im Vordergrund muss stehen, die Netze robuster zu machen, die Trassen- und Terminalkapazitäten auszuweiten und besser zu nutzen sowie die Digitalisierung auf nationaler und internationaler Infrastrukturebene für beschleunigte und durchgängige Prozesse voranzutreiben.“
ZUR PERSON
Berit Börke ist seit November 2017 Vertriebsvorstand beim privaten Eisenbahnverkehrsunternehmen TX Logistik mit Sitz in Troisdorf. Die Diplom-Ökonomin arbeitet seit mehr als 20 Jahren in der Transportbranche und ist Mitglied im Expertenrat der Logistikweisen.
WETTBEWERBSVERZERRUNGEN AUFHEBEN
Mit rund drei Prozent Zunahme pro Jahr galt der kombinierte Verkehr lange als Wachstumsmotor im Schienengüterverkehr. „Um Emissionen in geplantem Umfang zu senken und die Straße zu entlasten, muss es aber deutlich mehr werden“, so Börke. Sie fordert, die Wettbewerbsbedingungen anzugleichen, indem beispielsweise die Kostenbelastung zur Nutzung der Schiene an die der Straße angepasst werde. Die starke Regulierung des Schienengüterverkehrs mit unterschiedlichen Bestimmungen in den einzelnen Ländern verteuere die Dienstleistung. Daher ist es ein Anliegen von ihr, dass innerhalb der Europäischen Union auch die Vorschriften hierzu harmonisiert würden. Der kombinierte Verkehr sei ressourcenschonend und sehr sicher. „Insofern sehe ich weniger eine Konkurrenz zwischen der Schiene und der Straße als vielmehr die Aufgabe, die Vorteile der verschiedenen Verkehrssysteme so zu aktivieren, dass neue Angebote entstehen“, erklärt Berit Börke. Schließlich würden aus ihrer Sicht alle Verkehrsträger gebraucht – ob Straße, Schiene, Schifffahrt oder Luftfracht, um global stabile Lieferketten zu gewährleisten.
Doch auch die Unternehmen selbst seien in Sachen Produktgestaltung gefragt. „Wir nutzen beispielsweise Systeme wie ‚Nikrasa‘ und ‚R2L‘, um nichtkranbare Sattelauflieger bahnfähig zu machen beziehungsweise mit dem gleichen Equipment Sattelauflieger und Nutzfahrzeuge zu transportieren. Durch diese Kombination von unterschiedlicher Ladung erreichen wir eine wirtschaftlichere Auslastung und machen den Schienengüterverkehr zudem flexibler.“
Doch auch die Unternehmen selbst seien in Sachen Produktgestaltung gefragt. „Wir nutzen beispielsweise Systeme wie ‚Nikrasa‘ und ‚R2L‘, um nichtkranbare Sattelauflieger bahnfähig zu machen beziehungsweise mit dem gleichen Equipment Sattelauflieger und Nutzfahrzeuge zu transportieren. Durch diese Kombination von unterschiedlicher Ladung erreichen wir eine wirtschaftlichere Auslastung und machen den Schienengüterverkehr zudem flexibler.“
»DIESE ZEIT MÜSSEN WIR ÜBERBRÜCKEN«
Weil es keine elektrischen Schwerlastschlepper auf dem Markt gab, entwickelte die Allgäuer Spedition Ansorge mit „Elias“ selbst einen: Der E-Lkw wird erfolgreich auf der Kurzstrecke eingesetzt und soll auch als Steigbügelhalter für traditionelle Hersteller dienen.
A
ls die Spedition Ansorge 2013 CO₂- Bilanzen erstellen musste, kam die Idee auf, nicht nur diesen Statistiken, sondern natürlich auch der Umweltbelastung durch die Fahrzeuge etwas entgegenzusetzen – mit emissionsfreiem Güterverkehr. Als mittelständisches Logistikunternehmen mit dem Schwerpunkt auf Kontraktlogistik und einem hohen Transportanteil bedient Ansorge im Straßenverkehr die Kurzstrecke und im intermodalen Verkehr die Langstrecke, beispielsweise über die Alpen. „Unsere Vision war es, den Kurzstreckenverkehr künftig elektromobil abzuwickeln und die Waren dann – ebenfalls grün – mit der Bahn auf der Langstrecke ans Ziel zu bringen.“
SELBST DIE INITIATIVE ERGRIFFEN
Doch bei den traditionellen Herstellern gab es damals keine entsprechenden Fahrzeuge. „Alle sagten mir, dass die Technologie noch nicht ausgereift sei“, erinnert sich Wolfgang Thoma. „Diesel hielt man damals immer noch für zukunftsfähig, und Euro 6 sollte der Heilsbringer sein. Ich war mit dieser Aussage natürlich nicht zufrieden, habe nach weiteren Möglichkeiten geforscht, aber nichts gefunden. Deshalb beschlossen wir, es selbst zu versuchen. Wir wollten einen Schwerlastschlepper entwickeln, der 44 Tonnen ziehen kann und mindestens 80 Stundenkilometer schnell ist, damit er auf Autobahnen fahren darf.“
Die bayerische Regierung half mit Fördergeldern – und die blieben in der Region: Gemeinsam mit dem Unternehmen Sensor-Technik Wiedemann und dem Werkstattbetrieb Toni Maurer – beide wie auch Ansorge im Allgäu ansässig – konnte die Spedition einen Standard-Lkw von MAN zu „Elias“, einem rein elektrisch angetriebenen Kraftprotz, umbauen. Seit Mai 2019 ist das Ergebnis im Einsatz: „Wir testen das Fahrzeug seit knapp einem Jahr im Nahverkehr und sind außerordentlich zufrieden damit. Das zeigt, dass die Elektromobilität für den Nahverkehr und den kombinierten Verkehr auf der Kurzstrecke hervorragend geeignet ist.“ Der Strom für Elias soll zukünftig komplett aus firmeneigenen Fotovoltaikanlagen kommen.
Die bayerische Regierung half mit Fördergeldern – und die blieben in der Region: Gemeinsam mit dem Unternehmen Sensor-Technik Wiedemann und dem Werkstattbetrieb Toni Maurer – beide wie auch Ansorge im Allgäu ansässig – konnte die Spedition einen Standard-Lkw von MAN zu „Elias“, einem rein elektrisch angetriebenen Kraftprotz, umbauen. Seit Mai 2019 ist das Ergebnis im Einsatz: „Wir testen das Fahrzeug seit knapp einem Jahr im Nahverkehr und sind außerordentlich zufrieden damit. Das zeigt, dass die Elektromobilität für den Nahverkehr und den kombinierten Verkehr auf der Kurzstrecke hervorragend geeignet ist.“ Der Strom für Elias soll zukünftig komplett aus firmeneigenen Fotovoltaikanlagen kommen.
ZUR PERSON
Wolfgang Thoma, Jahrgang 1955, ist Geschäftsführer und Gesellschafter der Spedition Ansorge GmbH & Co.KG im schwäbischen Biessenhofen. Der studierte Jurist wurde von deren Gründer Erhard Ansorge als Syndikus angestellt. 1993 übernahm Thoma die Geschäftsführung und wurde Gesellschafter des Unternehmens.
MEHR DRUCK AUF DIE HERSTELLER
Wolfgang Thoma fordert, dass der Druck auf die Nutzfahrzeughersteller erhöht werden soll: „Neben der Politik muss auch die Branche selbst verstärkt einfordern, dass die Fahrzeuge auf den Markt kommen – nicht zuletzt, um den immer stärkeren Restriktionen gerecht zu werden.“ Von den Herstellern werden für die nächsten Jahre die ersten konkurrenzfähigen Schwerlastschlepper auf elektromobiler Basis angeboten. „Diese Zeit müssen wir überbrücken“, so Thoma.
Den Diesel sieht er nicht so schnell verschwinden: „In den nächsten 10 bis 15 Jahren wird er meiner Meinung nach noch weiterhin Bestand haben. Aber die Alternativen – E-Mobilität auf Akkubasis, Brennstoffzellen, Wasserstoff, Gas und synthetische Kraftstoffe – werden ihn Stück für Stück verdrängen. Ich denke, für jeden Anwendungsfall wird sich jeweils eine alternative Antriebstechnik herauskristallisieren.“ Dann brauche es noch die passende Infrastruktur, unter anderem in Form von Ladesäulen; die könnten auch die Nutzfahrzeughersteller schaffen, meint Thoma: „Sie könnten sich zusammenschließen und diese gemeinsam bereitstellen, statt auf die Politik zu warten.“ Als Unternehmer hat er selbst nicht abgewartet, sondern ist aktiv geworden. „Wir bei Ansorge werden niemals Lkws produzieren, aber wir fühlen uns durchaus als Steigbügelhalter für die traditionellen Hersteller und zeigen ihnen mit Elias, welche Fahrzeuge wir brauchen. Wir waren es bisher gewohnt, dass die Hersteller den Zeitgeist erkennen und passende Produkte entwickeln. Beim Thema alternative Antriebe scheinen sie aber lange im Dornröschenschlaf gelegen zu haben – und müssen nun dringend aufwachen.“
Den Diesel sieht er nicht so schnell verschwinden: „In den nächsten 10 bis 15 Jahren wird er meiner Meinung nach noch weiterhin Bestand haben. Aber die Alternativen – E-Mobilität auf Akkubasis, Brennstoffzellen, Wasserstoff, Gas und synthetische Kraftstoffe – werden ihn Stück für Stück verdrängen. Ich denke, für jeden Anwendungsfall wird sich jeweils eine alternative Antriebstechnik herauskristallisieren.“ Dann brauche es noch die passende Infrastruktur, unter anderem in Form von Ladesäulen; die könnten auch die Nutzfahrzeughersteller schaffen, meint Thoma: „Sie könnten sich zusammenschließen und diese gemeinsam bereitstellen, statt auf die Politik zu warten.“ Als Unternehmer hat er selbst nicht abgewartet, sondern ist aktiv geworden. „Wir bei Ansorge werden niemals Lkws produzieren, aber wir fühlen uns durchaus als Steigbügelhalter für die traditionellen Hersteller und zeigen ihnen mit Elias, welche Fahrzeuge wir brauchen. Wir waren es bisher gewohnt, dass die Hersteller den Zeitgeist erkennen und passende Produkte entwickeln. Beim Thema alternative Antriebe scheinen sie aber lange im Dornröschenschlaf gelegen zu haben – und müssen nun dringend aufwachen.“
»DIE MENSCHEN SIND EIN INTEGRATIVER BESTANDTEIL DES WANDELS«
Anthony Wandt hat gemeinsam mit seiner Schwester Aline die Braunschweiger Wandt Spedition Transportberatung von Onkel und Vater übernommen. Wie gestaltet er die Übernahme als Mitglied einer neuen Generation von Unternehmern in der Logistik?
Herr Wandt, wie lief die Übernahme Ihres Unternehmens ab?
Es gab kein festes Datum, sondern es war ein fließender Übergang. Und es ist ja auch nicht so, dass wir sagen: Vor einem Tag X war alles alt, und seitdem ist alles neu. Es ist vielmehr ein kontinuierlicher Prozess, den wir nun in der dritten Generation weitergestalten. So wie die Branche sich wandelt, passen wir uns ihr an, verfolgen die existierenden Strukturen und entwickeln sie kontinuierlich weiter. Der Generationswechsel braucht auf jeden Fall Zeit. Wir haben unter anderem Unterstützung durch unseren Vater, der kein Eigentümer mehr ist, aber in diesem Jahr noch als Geschäftsführer fungiert.
Orientieren Sie sich an ihm und Ihrem Onkel als Vorbildern, oder bilden Sie eher ein eigenes Profil aus?
Meine Schwester und ich haben beide ein eigenes Profil. Das sieht mit Sicherheit keine klassisch patriarchalische Führung vor – die gab es aber auch vorher nicht, sie entspricht nicht der Kultur der Firma. Wir bleiben immer im Austausch mit unserem Onkel und Vater. Natürlich arbeitet man an gewissen Dingen anders, aber das liegt sicher auch mit daran, dass unser Generationswechsel in die immer schneller werdende Zeit der Digitalisierung fällt. Ich sehe es als große Chance an, dass wir den Digitalisierungsprozess gemeinsam mit unseren Mitarbeitern gestalten dürfen.
Es gab kein festes Datum, sondern es war ein fließender Übergang. Und es ist ja auch nicht so, dass wir sagen: Vor einem Tag X war alles alt, und seitdem ist alles neu. Es ist vielmehr ein kontinuierlicher Prozess, den wir nun in der dritten Generation weitergestalten. So wie die Branche sich wandelt, passen wir uns ihr an, verfolgen die existierenden Strukturen und entwickeln sie kontinuierlich weiter. Der Generationswechsel braucht auf jeden Fall Zeit. Wir haben unter anderem Unterstützung durch unseren Vater, der kein Eigentümer mehr ist, aber in diesem Jahr noch als Geschäftsführer fungiert.
Orientieren Sie sich an ihm und Ihrem Onkel als Vorbildern, oder bilden Sie eher ein eigenes Profil aus?
Meine Schwester und ich haben beide ein eigenes Profil. Das sieht mit Sicherheit keine klassisch patriarchalische Führung vor – die gab es aber auch vorher nicht, sie entspricht nicht der Kultur der Firma. Wir bleiben immer im Austausch mit unserem Onkel und Vater. Natürlich arbeitet man an gewissen Dingen anders, aber das liegt sicher auch mit daran, dass unser Generationswechsel in die immer schneller werdende Zeit der Digitalisierung fällt. Ich sehe es als große Chance an, dass wir den Digitalisierungsprozess gemeinsam mit unseren Mitarbeitern gestalten dürfen.
ZUR PERSON
Anthony Wandt, Jahrgang 1981, ist geschäftsführender Gesellschafter der Wandt Spedition Transportberatung GmbH. Er übernahm diese Position 2016 von seinem Onkel Adalbert Wandt. Der gelernte Speditionskaufmann und Verkehrsfachwirt hat Transport- und Logistikmanagement sowie strategisches Management studiert.
Welche Schwerpunkte setzen Sie in Bezug auf diese Entwicklung Ihres Unternehmens?
Wir beginnen schon damit, dass wir nicht pauschal von der Digitalisierung sprechen, sondern davon, dass wir Prozesse automatisieren. Die Hilfsmittel sind meistens digitale Medien, aber wir arbeiten natürlich nach wie vor mit Menschen. Viele von ihnen beschäftigen sich nicht so intensiv mit dem Thema, und wenn man dann nur vom Digitalisieren spricht, kann das schnell ein Gefühl vermitteln, dass Mitarbeiter abgeschafft werden sollen. Dabei ist das überhaupt nicht der Fall, sondern die Menschen sind integrativer Bestandteil dieser Entwicklungen und des Wandels. Als Unternehmen Wandt arbeiten wir mit einigen Mitarbeitern schon über Generationen hinweg zusammen. Am Ende sind wir immer auch eine kleine Gemeinschaft, die gut funktionieren muss. Und es wird keine perfekte Welt geben, in der die Maschinen alles übernehmen: Der Mensch wird immer an einer Schnittstelle sitzen und gebraucht werden.
Welche Ziele setzen Sie sich?
Wir möchten das Unternehmen weiter so umbauen, dass wir am Markt bestehen. Langfristig wollen wir uns auch vom Marktdruck etwas lösen und noch mehr in Richtung Nachhaltigkeit gehen – sowohl in Sachen Umwelt als auch bezüglich der Mitarbeiter im Unternehmen.
Sie nehmen an der Krone Denkfabrik teil – wie erleben Sie die Arbeit in diesem Format?
Als sehr positiv und bereichernd! Es ist wirklich spannend, wenn unterschiedliche Köpfe mit etwas Abstand zum Alltag an einen Tisch kommen, um Ergebnisse zu erarbeiten, die für die Branche relevant sind. Schon bei der Themenfindung hat sich gezeigt: Alle haben unterschiedliche Ansätze, aber man findet dennoch schnell einen Konsens. Zudem ist es eine große Chance, sich so intensiv mit tollen Unternehmern austauschen und vernetzen zu können.
»WIR HABEN NOCH NIE EIN AUTO STEHEN LASSEN MÜSSEN, WEIL WIR KEINEN FAHRER HATTEN«
Die Hamburger Zippel Group behauptet sich im Kampf gegen Fahrermangel mit einer ganzen Reihe von Maßnahmen. Geschäftsführer Axel Plaß berichtet von seinem Erfolgsrezept.
D
ie Lage hat sich derzeit etwas entspannt: Weniger Wirtschaftswachstum bedeutet auch, dass weniger Fahrer gebraucht werden. „Sie fehlen natürlich nach wie vor, aber der extreme Druck der vergangenen Jahre hat sich aufgelöst“, sagt Axel Plaß, Geschäftsführer der Hamburger Zippel Group. „Es gibt wieder Fahrer am Markt.“ Um sie für sich zu gewinnen, hat seiner Ansicht nach eine faire Bezahlung oberste Priorität: „Wenn wir ehrlich sind, steht ganz am Anfang gutes Geld. Es ist nun mal eine Tatsache – und bei vielen Jobs in Deutschland ähnlich: Alles, was irgendwie dreckig, nass oder weit weg von zu Hause ist, muss man halt über Geld wieder ausgleichen. Darauf müssen wir uns als Branche einstellen.“
REGELMÄSSIGE ARBEITSZEITEN
Neben dem Lohn zählen laut Plaß vor allem die Arbeitsbedingungen: Die Zippel Group setzt stark auf kombinierten Verkehr und nutzt die Schiene von Hamburg, Bremerhaven und Wilhelmshaven nach Berlin, Schkopau und Leipzig. „Das gibt uns die Möglichkeit, die Fahrzeuge doppelschichtig zu belegen, und wir können regelmäßige Arbeitszeiten anbieten.“ Denn die meisten Fahrer bevorzugen es, wenn sie täglich nach Hause kommen können. Axel Plaß weiß: „Es wird immer dann schwierig, wenn die Jungs die ganze Woche oder noch länger unterwegs sind. Dann braucht man Enthusiasten, die das wirklich wollen und nicht familiär stark eingebunden sind.“ Doch auch diese „Zielgruppe“ könne man erreichen – mit hochwertig ausgestatteten Fahrzeugen. Die Zippel Group investiert rund 10 bis 15 Prozent des Gesamtwerts zusätzlich in Extras, die sich die Fahrer wünschen: optische Details, mehr PS und Komfort oder auch Audiound Videosysteme.
ZUR PERSON
Axel Plaß, Jahrgang 1966, ist geschäftsführender Gesellschafter der Hamburger Spedition Konrad Zippel, wo er zunächst selbst als Fahrer arbeitete. Seit 2018 ist er Präsident des Deutschen Speditions- und Logistikverbands DSLV.
WERT BLEIBT ERHALTEN
Die Fahrer gehen mit diesen Lkw auch viel sorgsamer um: „Diese Fahrzeuge haben nicht nur einen höheren Wiederverkaufswert, sondern auch weniger Verschleiß und Schäden. Wenn ein Stammfahrer fährt, geht er einfach pfleglicher damit um“, so Plaß. Darüber amortisieren sich die Kosten: „Wir können ganz sicher nicht mehr Geld für Fahrzeuge ausgeben als andere Spediteure“, so Plaß. Aber die besonderen Lkw fallen dafür auf der Straße auf: „Wir bekommen viele Bewerbungen von Interessenten, die eins unserer Fahrzeuge auf der Autobahn gesehen haben und darüber auf uns aufmerksam geworden sind.“ Die Zippel Group geht diesen Weg schon seit Langem: „Das hat uns auch durch sehr herausfordernde Zeiten getragen. Wir haben noch nie ein Auto stehen lassen müssen, weil wir keinen Fahrer hatten.“
HILFE BEI ORGANISATORISCHEM
Bei rund 100 Fahrzeugen im Fuhrpark hat die Zippel Group ganze vier Fuhrparkmeister angestellt. Sie organisieren beispielsweise Dinge für die Fahrer, die diese bei längeren Abwesenheiten nicht selbst erledigen können. „Als Unternehmer ist es für mich weit günstiger, wenn ich einen Boten beauftrage, mit einer Vollmacht ein Arztrezept abzuholen, als dass dafür ein Fahrer den ganzen Tag frei nimmt und ich einen Ersatzfahrer finden muss oder das Fahrzeug sogar stillsteht“, so Axel Plaß. Doch trotz allem: Der Nachwuchs fehle. „Und da sehe ich langfristig kein echtes Heilmittel außer die finanzielle Vergütung. Vor allem, wenn man die Fahrer auf die lange Strecke schickt, kann man das nur über ein entsprechendes Gehalt ausgleichen.“
Fotos: Krone/Schöning Fotodesign, Jennifer Zumbusch Illustrationen: G2WW