»Wir brauchen intelligente Konzepte, in die alle Verkehrsträger eingebunden sind«
Dr. Frank Albers, Geschäftsführer Vertrieb und Marketing in der Krone Nutzfahrzeug Gruppe, traf in Hamburg Axel Plaß zu einem Spaziergang an einem bedeutenden Schauplatz des kombinierten Verkehrs: am Duss-Terminal der Deutschen Bahn in Hamburg. Der Unternehmer kandidiert für das Amt des DSLV-Präsidenten.
Der Fahrermangel ist kein neues Thema in der Branche – aber eines, das aktueller ist denn je. Wie packt man dieses Problem an? Plaß: Ich würde es ausweiten und nicht von Fahrermangel sprechen, sondern von einem Mangel an Menschen – an Menschen, die bereit sind, die Arbeiten zu erledigen, die rund um den Transport anfallen. Ob das der Fahrer ist oder der Kollege im Büro: Wir brauchen mehr Mitarbeiter in allen Bereichen. Das kennen andere Branchen ganz genauso, und es muss mehr getan werden, als nur Fahrer zu suchen.
Albers: Ich denke ebenfalls, dass wir es mit einem ganzheitlichen Problem zu tun haben. Das Image des Kraftfahrerberufs spielt da als Ursache mit hinein – und auch, wie Fahrer behandelt werden, sei es an der Rampe oder auch in Bezug auf die Einhaltung engster Anlieferungszeitfenster beim Verlader. Solche Abläufe müssen sich ändern, da muss gemeinschaftlich gearbeitet werden. Und Transport als solcher muss mehr Wertschätzung erfahren. Transport kostet Geld – Logistik kostet Geld. Wenn im Onlinehandel Retouren kostenlos sind, dann suggeriert das dem Endverbraucher, diese Dienstleistung sei nichts wert. Es gibt sicher nicht die eine Lösung, sondern es sind viele Bausteine, die gemeinsam zu einem gewissen Erfolg beitragen können. Beispielsweise könnte man die Ausbildung so anpassen, dass schon junge Absolventen mit Haupt- oder Realschulabschluss den Beruf lernen dürfen – sodass diese gegebenenfalls bereits mit 16 Jahren den Führerschein machen und vielleicht schon im Nahverkehr eingesetzt werden dürften.
ZUR PERSON
Axel Plaß, Jahrgang 1966, ist geschäftsführender Gesellschafter der Hamburger Spedition Konrad Zippel. Mit seinem Unternehmen setzt er stark auf den kombinierten Verkehr: Bei Zippel gehen pro Woche mehr als 3.000 TEU über die Schiene – vor allem von Hamburg, Wilhelmshaven und Bremen nach Berlin oder Leipzig und Schkopau. Plaß sitzt seit 2016 im Präsidium des Deutschen Speditions- und Logistikverbands (DSLV) und ist dort Vorsitzender des Fachausschusses Schienengüterverkehr. Er kandidiert für das Amt des DSLV-Präsidenten, die Wahl findet Mitte September statt.
Plaß: Als Vorsitzender des Fachausschusses Schienengüterverkehr im DSLV plädiere ich natürlich für eine Ausweitung des kombinierten Verkehrs. Dann können die Fahrer im Schichtdienst arbeiten und öfter zu Hause sein – diese Angleichung der Arbeitszeiten würde den Beruf attraktiver machen. Wir finden für diese Jobs immer noch ganz gut Personal. Da ist es auch schwierig, aber nicht so schwierig wie im Fernverkehr. Und meiner Meinung nach gehört vieles, was über eine Strecke von mehr als 300 Kilometern auf der Straße transportiert werden soll, in den kombinierten Verkehr.
Wird sich das Problem nicht von selbst erledigen, wenn der Beruf durch autonomes Fahren und Platooning ausstirbt? Plaß: Ich glaube nicht, dass das so eintritt – so weit sind wir noch lange nicht. Wer heute eine Lehre als Berufskraftfahrer abschließt, kann davon ausgehen, dass er damit in Rente gehen kann.
Welches Potenzial für Transport und Logistik steckt noch in neuen Technologien? Albers: Wir sind Produkthersteller, aber Service spielt für uns auch immer eine wichtige Rolle – von der Telematik, mit der wir Daten der Fracht erzeugen und zugänglich machen, über den Smart Trailer, der beispielsweise die Überwachung des Laderaums möglich macht, bis zur WLAN-fähigen Telematikbox. So kann man den Trailer in Zukunft direkt mit Frachtenbörsen verbinden und zusätzliche Aufträge generieren. Bei den Produkten sind Themen wie Rekuperation spannend oder besonders leichtere Werkstoffe wie Feinkornstahl, die mehr Nutzlast ermöglichen und den CO2-Ausstoß reduzieren. Für weniger Spritverbrauch sorgen auch Seitenverkleidungen oder Heckdiffuser. Wir werden bei diesen Themen auch mit gesetzlichen Vorgaben konfrontiert, auf die wir uns entsprechend zukunftsweisend vorbereiten.
Herr Plaß, wie intelligent ist Ihr Fuhrpark bei Zippel? Plaß: Wir nutzen seit Jahren eine Standortbestimmung, die unsere Disponenten unterstützt, indem sie anzeigt, wo sich welches Fahrzeug gerade befindet. Unsere Prozesse im Haus werden heute von der IT unterstützt, aber immer noch von Menschen gesteuert. Wir richten uns darauf ein, dass die Prozesse bald komplett IT-gesteuert sind. Wir nutzen Gas-Lkws und reduzieren damit den Feinstaub- und CO2-Ausstoß um 95 Prozent. Umweltverträglichkeit ist auch für unsere Kunden immer wichtiger, und sie sind zunehmend bereit, dafür auch Geld auszugeben. Kombiniert mit intelligenten Transportführungen kann das der Erfolg sein – und dann kann man dem Kunden auch ein Produkt anbieten, das er guten Gewissens buchen kann. Das ist aber alles nur möglich mit hochwertigen Fahrzeugen, auf die wir uns verlassen können.
Qualität bleibt der wichtigste Erfolgsfaktor? Plaß: Unbedingt, sie ist heute wichtiger denn je. Die Zuverlässigkeit von Material ist zu einem ausschlaggebenden Faktor geworden. Denn wenn ich Stillstandzeiten und Reparaturzeiten habe – oder noch schlimmer: irgendwo mitten im Transport ein Mittel ausfällt –, dann ist das dem Kunden nicht zu vermitteln und am Ende auch aus kaufmännischer Sicht ein Fiasko. Das ist in Euro oft gar nicht auszudrücken; es kostet Geld und am Ende vielleicht noch den Kunden und deine Reputation. Du kannst den besten Job machen, aber wenn die Technik nicht hält, nützt dir das alles nichts.
Albers: Qualität und Zuverlässigkeit sind bei Krone Schlüsselfaktoren für eine langfristigen Kundenzufriedenheit. Der Nutzfahrzeugmarkt ist aber sehr preissensibel. Insofern sind wir ständig gefordert, unsere Produkte weiter zu optimieren. Qualität hat ihren Preis und muss hier eindeutig im Fokus stehen. Aber wenn man die Laufzeit beziehungsweise die Nutzungsdauer der Fahrzeuge betrachtet, dann sprechen wir von sehr kleinen monatlichen Zusatzbeträgen, und der Kunde bekommt dafür die Sicherheit, dass er zuverlässig von A nach B kommt und keine ernsten Gespräche mit dem Verlader führen muss.
ZUR PERSON
Dr. Frank Albers, Jahrgang 1971, ist seit August Geschäftsführer Vertrieb und Marketing in der Krone Nutzfahrzeug Gruppe. Der promovierte Diplom-Kaufmann hat seine Ausbildung bei Krone gemacht. Nach Studium, Promotion und anderen beruflichen Stationen ist er seit 2003 bei Krone in leitenden Funktionen in Vertrieb und Marketing tätig.
Plaß: Bei uns im Containerverkehr hängt das Thema Luftfracht immer wie ein Damoklesschwert über unseren Transporten. Wenn wir ein Schiff nicht erreichen, dann muss die Ware irgendwie hinterher. Das bedeutet oft Luftfracht und kostet gerne mal so viel wie ein Mittelklassewagen. Da überlegt man sich vorher zweimal, ob man an der verkehrten Stelle spart.
Die Volumina steigen: Kann der Güterverkehr das bewältigen? Albers: Man muss alle Verkehrsträger einbinden, um ein vernünftiges Konzept zu fahren. Wo Schiene nötig und möglich ist, sollte man sie auch einsetzen. Das betrifft genauso die Wasserwege und – mit Abstrichen bei Kosten und Umweltbelastung – den Luftfrachtverkehr. Hinsichtlich unserer Produktpalette bin ich dann auch nicht bange, denn es werden ja nicht Planen- und Koffersattelauflieger verkauft und gefahren, sondern es gibt ja auch in unserem Produktportfolio Sattelauflieger für den kombinierten Verkehr sowie auch Wechselsysteme.
Plaß: Bei denen Krone Weltmarktführer ist.
Albers: Ja, wir verkaufen mittlerweile jedes Jahr über 12.000 Stück, viele davon auch in Richtung Paketdienst und Onlinehandel. Man muss den Transport und die Logistik unter Einbindung aller Verkehrsträger als Gesamtkonzept sehen, und da sind Schiene und Straße keine Konkurrenten. Wir müssen vielmehr die Ausgangslage so gestalten, dass die Ware auf dem besten Verkehrsweg zum Ziel kommt.
Plaß: In dem Thema ist noch sehr viel Musik drin: Allein durch Digitalisierung, durch längere Züge und einen relativ übersichtlichen Ausbau der Infrastruktur lässt sich da noch viel verlagern. Natürlich gibt es auf den Hauptterminals Engpässe – die Hotspots sind voll. Aber es bleiben genügend Möglichkeiten. Wenn heute teilweise 30 Lkws pro Nacht von einem Kunden zum anderen fahren, dann gehört dieser Transport auf die Schiene und passt auch nur auf die Schiene.
Was spricht in Zukunft noch für den kombinierten Verkehr? Albers: Gesamtwirtschaftlich betrachtet, wollen wir den Industriestandort Deutschland sichern. Transport und Logistik spielen dabei eine wesentliche Rolle – auch für das produzierende Gewerbe. Dort wird man auch Engpässe erfahren, wenn der Transport nicht funktioniert, die Logistik nicht funktioniert. Also sollten alle Akteure daran interessiert sein, dass wir vernünftige Konzepte umsetzen und alle Verkehrsträger auch einbinden.
Plaß: Ohne intelligente Verkehrskonzepte werden wir gegen den Baum fahren, im wahrsten Sinne des Wortes. Der Transportmarkt wird sich ohne sie nicht weiterentwickeln. Den einfachen Weg zu gehen – also diese vielen Punkt-zu-Punkt-Verkehre beizubehalten, die wir heute fahren –, das wird schon wegen des Fahrermangels und aus Umweltschutzgründen künftig nicht mehr funktionieren. Wir brauchen intelligente Konzepte, in die alle Verkehrsträger eingebunden sind und bei denen Ressourcen vernünftig genutzt werden. Um diese Konzepte umzusetzen, braucht man Unternehmen wie Krone, die nicht nur ein Stück Eisen feilen, bis irgendwann ein Container draufpasst, sondern die immer wieder neue Innovationen und Produkte hervorbringen.
»Man muss den Transport und die Logistik unter Einbindung aller Verkehrsträger als Gesamtkonzept sehen, und da sind Schiene und Straße keine Konkurrenten.«
Dr. Frank Albers, Geschäftsführer Vertrieb und Marketing in der Krone Nutzfahrzeug Gruppe
Albers: Das gebe ich gern an dich zurück: Es bedarf natürlich auch innovativer Kunden, die uns fordern und auch helfen, die Entwicklung der Produkte voranzubringen. Denn wir müssen sie natürlich praxisgerecht entwickeln. Wir arbeiten da sehr gern eng mit unseren Kunden zusammen. Schließlich ist es wenig sinnvoll, am Reißbrett Ideen zu entwickeln und sie den Nutzern dann fertig vorzusetzen.
Plaß: Wir machen als Spedition Zippel Group seit mehr als 30 Jahren Geschäfte mit Krone und haben in dieser Zeit auch verschiedene technische Innovationen angestoßen. Wenn wir Wünsche hatten, hattet ihr immer ein offenes Ohr. Ich erinnere mich an ein Treffen in Werlte, da wurde der Konstruktionsleiter mit an den Tisch geholt. Wir besprachen unsere Wünsche, er ging in sein Büro, ließ das an seinem Computer simulieren, kam nach einer Stunde wieder und sagte: „Das kriegen wir hin!“ Er konnte uns sogar schon eine geschätzte Investitionssumme nennen. Das habe ich so noch bei keinem anderen Fahrzeugbauer in Deutschland erlebt.
Albers: Das machen wir natürlich auch mit anderen Kunden, wenn es etwa um Planensattelauflieger oder auch Kühlfahrzeuge geht. Da sind wir direkt vor Ort und schauen uns Be- und Entladevorgänge an, erleben, wie die Fahrzeuge eingesetzt werden, und versuchen, danach zu optimieren. Unsere Techniker sind auf einer Fähre mitgefahren, um den Be- und Entladungsprozess bei der Überfahrt zu beobachten und unter anderem herauszufinden, welche Verstärkung ein Chassis für die Schiffsbefestigungslaschen braucht. Dieser Praxisbezug ermöglicht es uns, sehr langlebige Fahrzeuge zu konstruieren, die natürlich auch von den Nutzern, also den Fahrern, sicher und gerne bedient werden.