Cold Passion

Aller guten Dinge sind drei

Wer temperaturgeführte Transporte fährt, muss sich hohen Anforderungen stellen. Die Spedition Uhlhorn aus Twistringen setzt dafür auf ein neuartiges modulares Kühlsystem.

„I
ch kann mich noch erinnern, dass wir vor 30, 35 Jahren mit Planenfahrzeugen Margarine gefahren haben, die mit Trockeneis gekühlt wurde.“ Sebastian Uhlhorn, der Mann mit diesen Erinnerungen, ist zwar erst 41 Jahre alt. Doch als Vertreter in bereits fünfter Generation des Logistikunternehmens Uhlhorn im niedersächsischen Twistringen ist er mit derlei Geschichten aufgewachsen – Geschichten aus dem Transportwesen, die ein bisschen wie aus einer anderen Zeit klingen. Erst einige Jahre später folgte der technische Quantensprung vom Trockeneis hin zu modernen Kühlaggregaten an den Lkw-Aufliegern.

Auch Handys und Navis gab es zu Beginn der 90er-Jahre natürlich noch nicht. „Wenn die Fahrer sonntagabends losgefahren sind, haben sie mittwochs vom Kunden aus angerufen und Bescheid gesagt, dass sie leer sind. Heute kann man alles online verfolgen – auch mit welcher Temperatur die Fahrzeuge unterwegs sind“, erklärt der Juniorchef von Uhlhorn die Zeitenwende in der Lkw-Logistik.
                
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„Die Bedienbarkeit ist einfach, die Verlässlichkeit ist groß.“

 
Sebastian Uhlhorn
   
     

Die temperaturgeführten Transporte, von denen er spricht, stellen besondere Herausforderungen dar. Frischware wie Fisch, Fleisch, Schokolade oder Gemüse müssen unter strenger Aufrechterhaltung der Kühlkette und mit Termindruck auf langen Strecken transportiert werden. 200 Kühlfahrzeuge sind für Uhlhorn auf den Straßen in Deutschland und Europa unterwegs, mit Temperaturen zwischen plus 30 und minus 25 Grad Celsius. „Wir fahren viel bei Raumtemperatur mit circa 18 Grad, zum Beispiel bei Schokoladenprodukten“, berichtet Sebastian Uhlhorn beim Interview in der Twistringer Firmenzentrale. Der Blick aus dem Besprechungszimmer führt auf den örtlichen Bahnhof, an der Wand hängt ein großes Foto vom Hamburger Hafen. Ebenfalls Logistikwelten.
                 
Seit rund zwei Jahren ist das Kühlsystem „Celsineo“ bei Uhlhorn im Einsatz. Ein Reservetrailer ist seitdem nicht mehr nötig.
Seit rund zwei Jahren ist das Kühlsystem „Celsineo“ bei Uhlhorn im Einsatz. Ein Reservetrailer ist seitdem nicht mehr nötig.


Zusammenarbeit mit Krone und Liebherr

Um für ihre Kunden im Bereich Kühllogistik einen Service mit noch mehr Sicherheit und Zuverlässigkeit zu bieten, hat Uhlhorn seit etwa zwei Jahren das neue Kühlsystem „Celsineo“ im Einsatz. Entwickelt wurde es von Krone, einem langjährigen Partner von Uhlhorn, in Zusammenarbeit mit Liebherr, einem Spezialunternehmen für Kühltechnik und Klimatisierung. Während es bei normalen Kühlaggregaten nur einen Kältekreislauf gibt, wird im Celsineo-System die Kühlleistung auf drei Plug-and-Play-Kältemodule verteilt. Jede der drei Einheiten besitzt einen autark arbeitenden Regelkreislauf. Durch dieses modulare System übernimmt, wenn eines der Aggregate ausfällt, ein anderes dessen Funktion, und die Kühlkette bleibt erhalten. „Im Schadensfall kann man so die Tour zu Ende bringen und anschließend in Ruhe die Reparatur durchführen“, erklärt Sebastian Uhlhorn.
                 

PROFIL


Uhlhorn wurde 1876 als Landhandelsbetrieb gegründet. Der Großvater von Sebastian Uhlhorn entwickelte das Unternehmen dann in dritter Generation zu einem Speditionsgewerbe. Heute hat Uhlhorn-Logistik 850 Beschäftigte, davon 500 bis 550 Fahrer. Zu den 420 Zugmaschinen und 500 Aufliegern im eigenen Fuhrpark gehören rund 800 disponierte Fahrzeuge. Uhlhorn verfügt über 92.200 Quadratmeter Lagerfläche. Neben Lebensmitteln transportiert die Twistringer Spedition, die sieben weitere größere Standorte in Deutschland betreibt, Verpackungen aus Papier und Karton sowie Baustoffe.
        

Bisher hat die niedersächsische Großspedition einen Auflieger mit dem Celsineo-System ausgerüstet, der auf der Strecke zwischen Hamburg und Berlin frischen Fisch transportiert. Zehn weitere Kühlgeräte der Marke sollen im Laufe des Jahres hinzukommen. „Vor dem Einsatz des neuen Aggregats hatten wir einen Reservetrailer, mit dem wir, falls die Kühlung mal ausfällt, schnell reagieren konnten“, sagt Markus Rathje, Niederlassungsleiter bei Uhlhorn-Logistik in Hamburg. Etwa fünf solcher Ausfälle gebe es jährlich, schätzt Sebastian Uhlhorn. Wenn bei Frischware ein Defekt in der Kühlung auftrete, „dann hat man gleich Alarm in der Disposition, zumal viele Lkws nachts laufen“. Gerade bei Frischware gibt es nur einen Termin für die Anlieferung, da diese beim Kunden nur kurz umgeschlagen wird und dann direkt an die Verkaufstheken weitergeht. Die Fahrer müssen in einem solchen Schadensfall die nächste Werkstatt ansteuern und möglicherweise im nächstgelegenen Kühllager umladen. „Das ist zeit-, arbeits- und kostenintensiv – und es ist nervenaufreibend“, betont Firmenchef Uhlhorn. „Wieder ruhig schlafen zu können, ist für uns tatsächlich der gefühlt größte Nutzen des neuen Kühlsystems.“
             
Sebastian Uhlhorn im Gespräch mit Redakteur York Schaefer
Sebastian Uhlhorn im Gespräch mit Redakteur York Schaefer


Intuitive und schnelle Bedienbarkeit

„Die Modullösung ist der erste wirklich neue Ansatz in der Kühllogistik seit Jahrzehnten – ein echter Meilenstein. Für mich war das letztlich auch ein entscheidender Aspekt in puncto Sicherung der Kühlkette“, sagt Sebastian Uhlhorn, der vor allem die leichte Bedienbarkeit des Systems schätzt. Da verschiedene Fahrer mit dem Auflieger zwischen Hamburg und Berlin unterwegs sind, sei es wichtig, dass sich die Kühlung intuitiv und schnell bedienen lasse. „Das muss selbsterklärend sein“, bekräftigt der Geschäftsführer. Niederlassungsleiter Rathje vergleicht das System mit einem Smartphone: „Damit kann ja eigentlich auch jeder umgehen.“ Nach einer kurzen Einführung durch Liebherr waren die Fahrer von Uhlhorn im Bilde. „Das System ist sehr überschaubar“, bestätigt auch Fahrer Holger Plassa, der mit dem Celsineo unterwegs ist. Auch für kleinere Unternehmen, die keinen Kältetechniker angestellt haben, dürfte das Celsineo-System mit seiner relativ einfachen Handhabung interessant sein. „Das kann in Zeiten des Fachkräftemangels durchaus ein entscheidender Aspekt sein“, meint Sebastian Uhlhorn.
                  

AUF EINEN BLICK

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„Aller guten Dinge sind drei“
im Krone TV


Fahrermangel durch Brexit und Corona im öffentlichen Bewusstsein

Denn vor allem der Fahrermangel stellt auch die Twistringer Spedition vor große Herausforderungen. Durch den Brexit wurde dieses Problem das erste Mal in einer breiteren Öffentlichkeit diskutiert und durch die Coronapandemie noch mal verstärkt. „Davor hatte sich kaum jemand Gedanken über Logistikketten gemacht, also wie Güter eigentlich in die Läden kommen und was dafür im Vorlauf alles nötig ist“, sagt Uhlhorn. Er begrüßt das neue öffentliche Bewusstsein für dieses Problem und dass sichtbarer geworden ist, dass es in allen europäischen Ländern an Lkw-Fahrern mangelt. Sebastian Uhlhorn ist der Meinung, dass der Beruf des Kraftfahrers allgemein unterschätzt werde. Dabei sei diese Arbeit mit viel Verantwortung verbunden. Hinzu komme der fast tägliche Stress mit Staus auf den Autobahnen, den wenigen Parkplätzen und der teils schlechten Behandlung an den Be- und Entladestellen. „Das macht diesen Job nicht leichter“, ergänzt der Twistringer Speditionschef. Zumindest in der Kühllogistik könnte durch das Celsineo-System zumindest ein Stressfaktor für Fahrer und Disponenten ausgeräumt werden, denn Ausfälle der Kühlkette hat es seit der Einführung der neuen Technik bei Uhlhorn-Logistik nicht mehr gegeben.
              
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Fotos: Martin Bockhacker, Krone TV

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