Porträt

»Wir wollen Transportunternehmer mit Gesicht!«

Die Transcoop09 AG hat sich als Zusammenschluss mittelständischer Transportunternehmer auf dem europäischen Transportmarkt etabliert.
Vorstand Josef Perisa spricht über die operative Zusammenarbeit sowie Ziele und Visionen.

Die Transcoop09 ist eine ziemlich einzigartige Unternehmerkooperation. Wie kam es dazu?
Josef Perisa:
Es fing 2009 mit dem klassischen Thema Ladungstausch zwischen den Gründungsmitgliedern an. Aus den Anfängen heraus entstand im Laufe der Jahre ein breites Angebot an Mehrwertdiensten, wie Versicherungsvermittlung, Beratung, Schulung, gemeinsamer Einkauf und Werkstättenservice. Derzeit etablieren wir eine digitale Plattform mit Ladungstausch, Telematik und Fuhrparkverwaltung. Das Thema Ladungstausch ist heute eigentlich nur noch der kleinste gemeinsame Nenner in der Zusammenarbeit unter unseren Mitgliedern in 18 europäischen Ländern. Dabei reicht unser Leistungsportfolio beim Transport von einem Kilo bis zu 150 Tonnen. Die Transcoop09 AG führt aber selbst keine eigenen Transporte durch; das ist und bleibt die Kernkompetenz unserer Mitglieder.

Wie steuert man so eine Kooperation von eigenständig arbeitenden Unternehmen?
Josef Perisa:
Die Transcoop09 ist im Gegensatz zu vielen Frachtbörsen mit kommerziellem Hintergrund von ihren Mitgliedern gegründet und als eine Art Selfmade-Netzwerk aufgebaut worden. Dadurch sind wir völlig unabhängig und können frei von den wirtschaftlichen Interessen anderer agieren. So bleiben wir immer auf Augenhöhe von Mitglied zu Mitglied und zur verladenden Industrie. Daneben ist die partnerschaftliche Zusammenarbeit mit Lieferanten ein wichtiger Aspekt. Krone hat uns von Anfang an begleitet, und wir entwickeln unsere Partnerschaft ständig gemeinsam weiter.

Die Transcoop09 ist seit 2015 eine Aktiengesellschaft mit 23 Aktionären aus unserer Gemeinschaft. Als Vorstand und einer von sechs angestellten Mitarbeitern leite ich die operativen Geschäfte.

Europa als Chance: Der Transportexperte Josef Perisa leitet als Vorstand die Geschicke der Transcoop09 mit über 60 Mitgliedsunternehmen aus 18 europäischen Staaten.
Europa als Chance: Der Transportexperte Josef Perisa leitet als Vorstand die Geschicke der Transcoop09 mit über 60 Mitgliedsunternehmen aus 18 europäischen Staaten.

Wobei sich die Unternehmensziele von einer klassisch geführten Kooperation unterscheiden?
Josef Perisa:
Wie gesagt, der klassische Ladungstausch ist unser Basisgeschäft im Alltag. Darüber hinaus gehen wir mit einer Vielzahl von Angeboten und Ideen noch weiter. Unser Kernziel ist es, die Arbeit des Einzelnen zu optimieren. Hier achten wir nicht auf Menge, sondern auf Qualität. Eine der Hauptaufgaben ist es, Plattformen zu schaffen, über die die Mitglieder sich begegnen und kooperieren können. Wir haben das Glück, dass unsere deutschen Mitglieder mit ihren ausländischen Kollegen so gut zusammen arbeiten, dass man sich im Kerngeschäft, dem Gütertransport, bewusst nicht in die Quere kommt.

Wie erreicht man diese Harmonie unter individuell wirtschaftenden Unternehmen?
Josef Perisa:
Die gute Zusammenarbeit zwischen unseren Mitgliedern basiert auf unserem Kodex, der – ähnlich der hanseatischen Kaufmannsehre – auf den vier Prinzipien Ehrlichkeit, Verantwortung, Verlässlichkeit und Treue basiert. Wir pflegen untereinander stets den persönlichen Kontakt und gehen aufeinander zu. Für uns stehen dabei immer die Menschen im Mittelpunkt! Lange Zugehörigkeiten der Transcoop09- Mitglieder belegen auch die Qualität unserer Zusammenarbeit. Die Gruppe entscheidet beispielsweise gemeinsam über die Neuaufnahme von Mitgliedern. Hier kommen nur inhabergeführte Unternehmen und keine Konzernspediteure infrage. Und wir handeln alle nach dem gleichen Prinzip: Der Kunde ist König, aber der Transporteur auch! Im Gegensatz zu den großen Konzernspediteuren sind unsere Mitglieder „Transporteure mit einem Gesicht“.


»Die Transportwelt wird sich gravierend verändern. Wir werden das autonome Fahren noch erleben!«


Josef Perisa



Bleiben nach neun Jahren Kooperationsgeschäft noch Zukunftsziele im Visier?
Josef Perisa:
Davon gibt es natürlich noch genug! Die Digitalisierung in den meisten Tätigkeitsfeldern unseres Geschäfts steht ganz oben auf der Prioritätenliste. Die Einführung unserer digitalen Plattform wird es ermöglichen, am Markt schneller zu reagieren und effizienter zu arbeiten. Wir kümmern uns dabei nicht nur um die Frachtvermittlung mit all ihren Variationen, sondern betreiben ein aktives Fuhrparkmanagement: Wo bekommt ein Lkw den schnellstmöglichen Service, wo kann man unterwegs zu den von uns ausgehandelten Einkaufskonditionen Reifen wechseln, wo in der Nähe tanken oder wo sind gerade freie Parkplätze zu finden? Sämtliche Handschläge können auf der Plattform erledigt werden, und man muss nicht mehr zum Telefon greifen. Dazu nutzen wir eine eigene Telematiklösung, die mit allen gängigen Herstellersystemen kompatibel ist. Neue Technik, wie Lieferdrohnen bei der Stückgutzustellung und autonom fahrende Lkws bis hin zum fahrerlosen Transport, beschäftigt uns schon heute. Und dennoch: Wir haben echte Lkws, echte Kunden, echte Fahrer und natürlich entsprechende Probleme. Man kann nun mal auch heute nicht alles digitalisieren. Wenn Sie einen Kunden am Telefon mit einem Problem haben, dann ist das immer wieder superanalog!

Wobei das gegenwärtig große Problem im Transportgewerbe der Fahrermangel bleibt …
Josef Perisa:
Das Defizit an qualifizierten Fahrern trifft natürlich auch unsere Mitglieder. Letztlich ist es so: Wenn Sie heute einen guten Fahrer einstellen, haben Sie ihn woanders weggenommen.


»Es gibt kein Geschäft, das sich so schnell dreht wie das Logistikgewerbe.«


Josef Perisa



Mit Geld allein kann man keinen Fahrernachwuchs akquirieren. Der Fahrerjob ist heute nicht mehr attraktiv genug; das müssen wir ändern. Auch hier geht es um die Wertschätzung von Menschen – vom Unternehmer bis zum Fahrer. Wir suchen Fahrer und vermitteln diese an unsere Partnerfirmen. Wir müssen Systeme entwickeln, mit denen wir von der klassischen Situation „eigener Fahrer auf dem eigenen Fahrzeug“ weggehen. Dabei gibt es keine pauschalen Antworten, sondern auch hier sind wieder individuelle Lösungen für den Einzelnen gefragt.

Wäre eine eigene Fahrzeugflotte für die Transcoop09 nicht der konsequente Weg?
Josef Perisa:
Wir haben heute bereits einen eigenen Trailerpool mit verschiedenen Fahrzeugen, die wir an die Mitglieder bei Bedarfsspitzen oder saisonalen Schwankungen vermitteln und vermieten. Die Idee würden wir gern auch auf die Motorfahrzeuge ausweiten, aber die Vielfalt der Transportarbeiten unserer Mitglieder macht das schwierig. Insgesamt betreiben unsere Mitglieder rund 5.000 Fahrzeuge. Hier eine technische Vereinheitlichung zu schaffen, ist nahezu unmöglich.

DAS IST DIE TRANSCOOP09 AG

»Wir wollen Transportunternehmer mit Gesicht!« Image 3
Zusammen mit zwölf anderen Kollegen gründete Josef Perisa im Jahr 2009 die Transcoop09, um eine Kooperation zwischen Transporteuren und Spediteuren zu etablieren. Das erste Ziel war die Vermittlung von Ladungstausch. Aus den Anfängen heraus etablierte sich die Transcoop09 auch als Versicherungsmakler und Betreiber eines Logistikunternehmens mit Schulungen, Beratungen sowie dem gemeinsamen Einkauf von Zubehör und Verschleißteilen, der Vermittlung von Werkstattservices und einer eigenen Telematiklösung. Ferner ist sie Betreiber eines gemeinsam genutzten Trailerpools und zahlreicher weiterer Business-to-Business-Angebote, zum Beispiel Fahrerakquise und Unternehmensberatung.

Jüngstes Produkt der 2015 zur AG umfirmierten Transcoop09 ist ein digitaler Marktplatz, auf dem klassische Dienstleistungen, wie Ladungsbörse, Fahrzeugdisposition und Fuhrparkverwaltung, mit einer speziell dafür entwickelten Softwareplattform von den Transcoop09-Mitgliedern betrieben werden. Derzeit gehören der Transcoop09 AG mit Sitz im schwäbischen Ulm über 60 mittelständische Transporteure aus 18 europäischen Ländern an.


Sie bieten einen Rundumservice für Ihre Kunden, die Transcoop09-Mitglieder …
Josef Perisa:
Wobei wir nicht nur die Hardware und den Handel im Blickfeld haben. Wir überlegen, wie wir die Zusammenarbeit zwischen unseren Mitgliedern verbessern können. Das ist im klassischen Sinne Unternehmensberatung, die wir auch den Verladern als unseren Geschäftspartnern anbieten. Wir haben eine ganze Reihe von eigenen Veranstaltungen – von Schulungen über Beratungen bis hin zu Spediteurtreffen, mit denen wir eine Art „Heiratsmarkt“ und einen Informationsaustausch anbieten.

Bei all dem müssen wir natürlich auch das neue EU-Recht stets im Auge behalten: Wir bieten deshalb mit unserem eigenen Datenschutzbeauftragten ein entsprechendes Fachwissen unseren Mitgliedern an. Und wir müssen nicht nur die Daten, sondern auch die Menschen in die neue digitale Transportwelt transformieren. Unser Schwerpunkt bleibt ganz klar der: Wir suchen permanent Lösungen, um einfach besser zu arbeiten. Dabei ist der Mensch immer das Allerwichtigste!

Gebündelte Interessen: Mit der Marktmacht einer starken Gemeinschaft generiert Josef Perisa und seine Transcoop09 viele Vorteile in der umkämpften Transportbranche.
Gebündelte Interessen: Mit der Marktmacht einer starken Gemeinschaft generiert Josef Perisa und seine Transcoop09 viele Vorteile in der umkämpften Transportbranche.

Fotos: Günther Bayerl, Matthias Rathmann, Günther Bayerl

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